Quelle: Bundesjustizministerium 03.2021

Direkter Download der Broschüre des BMJ:

Patientenverfügung


Wenn es um medizinische und pflegerische Behandlungen und Maßnahmen geht, führt kein Weg an einer Patientenverfügung vorbei.

INFO: Ab dem 1. Januar 2023 gilt ein gesetzliches Notvertretungs­recht. Das heißt, eine Ehepart­nerin oder ein Ehepartner darf in einem medizi­nischen Notfall für den anderen maximal sechs Monate lang die Gesund­heits­sorge über­nehmen.


Nichts im Leben ist vorhersehbar

Schicksalsschläge wie Unfälle oder schwere Erkrankungen können jeden treffen – selbst junge Menschen. Auch wenn der Gedanke unangenehm ist, sollte man sich für so einen Fall absichern und mit einer Patientenverfügung (und einer Betreuungsverfügung) Vorsorge treffen. Wenn man seinen Willen im Notfall nicht mehr äußern kann, tritt die Patientenverfügung ein – sie sorgt dafür, dass Ärzte die Wünsche bezüglich medizinischer und pflegerischer Maßnahmen beachten. So kann man zum Beispiel bestimmen, dass man keine lebenserhaltenden Maßnahmen wie künstliche Ernährung wünscht.


Angehörige entlasten

Wenn man auf der Intensivstation liegt, geht es auch den Angehörigen nicht gut. Auf ihnen lastet ein besonderer Druck, wenn keine Patientenverfügung verfasst wurde – und sie nun entscheiden müssen, was für medizinische und pflegerische Maßnahmen man sich wohl wünscht und welche man vermutlich ablehnt. Mit einer Patientenverfügung kann man die eigenen Wünsche vorher festlegen und sich mit seinen Angehörigen austauschen. Je konkreter die Patientenverfügung, desto mehr Last nimmt man Angehörigen im Ernstfall ab.

Wichtig: Laut aktuellen Urteilen des Bundesgerichtshofes sind Patientenverfügungen nur wirksam, wenn sie konkret formuliert sind. Das bedeutet: Sie müssen konkrete medizinische und pflegerische Maßnahmen nennen und diese in spezifische Kontexte setzen. Wer nur allgemeine Aussagen trifft und viel Interpretationsspielraum lässt, hat unter Umständen keine wirksame und rechtlich bindende Patientenverfügung.


Lebensqualität statt Überleben

Für viele Menschen ist eine gewisse Lebensqualität wichtiger als möglichst langes Überleben. Die Palliativmedizin bietet zum Beispiel viele Behandlungen, die eine Erhaltung der Lebensqualität des Patienten als Ziel haben – und nicht die Lebensverlängerung um jeden Preis. Mit einer Patientenverfügung kann man eine solche palliativmedizinische Behandlung einfordern und sich für mehr Lebensqualität als Patient entscheiden. Häufig muss man dafür dann intensivmedizinische Maßnahmen ablehnen.


Würde und Selbstbestimmung  

Mit einer Patientenverfügung  wird der eigene Wille auch durchgesetzt, wenn man geschäftsunfähig geworden ist und Entscheidungen nicht mehr selbst treffen kann. Das ist besonders wichtig, weil das moderne Gesundheitssystem und intensivmedizinische Maßnahmen nicht immer mit würdevollem und selbstbestimmten Sterben vereinbar sind. Mit einer Patientenverfügung kann man genau festlegen, welche Maßnahmen und Situationen man ablehnt – das garantiert Würde und Selbstbestimmung auf der Intensivstation.

Wichtig: Ohne Patientenverfügung entscheiden andere Personen. Das Gericht bestimmt dann einen gesetzlichen Betreuer – das kann ein Angehöriger sein, häufig handelt es sich beim Betreuer jedoch um eine völlig fremde Person.


Mündliche Aussagen sind nicht genug

Seit dem 1. September 2009 reicht es nicht mit den Angehörigen über die eigenen Wünsche im Ernstfall zu sprechen. Der eigene Wille muss bezüglich medizinischer und pflegerischer Situationen in jedem Fall schriftlich festgehalten werden. Ein Notar ist dafür jedoch nicht nötig – eine ausgedruckte und unterschriebene Patientenverfügung reicht aus.


Organspende einfach regeln

Mit einer Patientenverfügung spart man sich den Organspendeausweis, da man darin einer Organspende nach dem Tod entweder zustimmen, diese ablehnen kann oder ganz genau festlegen kann, welche Organe man spenden möchte.


Umfassende Gestaltungsmöglichkeiten

Mit einer Patientenverfügung kann man alle Bereiche der medizinischen Behandlung und Nichtbehandlung regeln. Man kann zum Beispiel bestimmen, ob man wiederbelebt werden möchte, zu welchem Zeitpunkt oder in welcher Situation man lebensverlängernde Behandlungen ablehnt, ob man künstlich ernährt werden möchte und vieles mehr. Wichtig ist, dass alle Entscheidungen so präzise wie möglich formuliert sind.

Auch die beste Patientenverfügung kann nicht jede Behandlungssituation abdecken. Deshalb ist eine Kombination aus Patientenverfügung und Betreuungsverfügung oder Vorsorgevollmacht sinnvoll. So kann man eine oder mehrere Stellvertreter bestimmen, die bei Unklarheiten Entscheidungen treffen – und den Vollmachtgeber sogar vor Gericht vertreten können.


Patientenverfügung verpflichtet Ärzte

Im Gegensatz zu anderen Vorsorgedokumenten ist eine Patientenverfügung verpflichtend. Sofern der Wille des Patienten schriftlich festgehalten und konkret ist, müssen sich behandelnde Ärzte an die Patientenverfügung halten. Das ist bereits seit 2003 durch ein Urteil des Bundesgerichtshofes bestätigt. Wenn sich Ärzte wissentlich nicht an eine wirksame Patientenverfügung halten, verstoßen sie gegen das Selbstbestimmungsrecht und machen sich strafbar.


Braucht man eine Patientenverfügung?

Die meisten Menschen werden diese Frage mit einem klaren „Ja!“ beantworten. Wem Selbstbestimmung, Würde und Vorsorge wichtig sind, der kommt an einer Patientenverfügung kaum vorbei – denn ohne Patientenverfügung überlässt man Betreuern oder Ärzten wichtige Entscheidungen über das eigene Leben und den eigenen Tod.